Kritik am AMNOG-Verfahren – Diagnostika benötigen spezielle Bewertungsmaßstäbe

Konstanz, Oktober 2024. Neue Medikamente und innovative Therapien spielen eine zentrale Rolle für den medizinischen Fortschritt. Pharmaunternehmen investieren erhebliche finanzielle Mittel in jahrelange Forschung, um die Versorgung der Patienten sicherer zu gestalten. Wenn neue Arzneimittel auf den deutschen Markt gebracht werden, muss sich jeder Wirkstoff nach Zulassung durch die Europäische Arzneimittel-Agentur (EMA) einer Nutzenbewertung gemäß dem Arzneimittelmarktneuordnungsgesetz (AMNOG) unterziehen. Bei dieser wird der Zusatznutzen des Medikaments gegenüber bestehenden Therapien bewertet. Anhand des Zusatznutzens wird anschließend die Vergütung durch die gesetzliche Krankenversicherung geregelt. „Unser neues Kontrastmittel Vueway mit dem Wirkstoff Gadopiclenol hat im September das AMNOG-Verfahren durchlaufen. Unserem Kontrastmittel wurde letztendlich ein Zusatznutzen abgesprochen. Diese Einschätzung teilen wir nicht, wir sind sogar davon überzeugt, dass der Nutzungsbewertungsprozess nicht mit Kontrastmitteln kompatibel ist“, sagt Chakib Lemzouri, Leiter Gesundheitspolitik und Tender der Bracco Imaging Deutschland GmbH.

AMNOG nicht auf Diagnostika anwendbar
Es war das erste Mal seit Einführung des AMNOG-Verfahrens im Jahr 2011, dass ein Kontrastmittel den Nutzenbewertungsprozess durchlaufen hat. Doch ob das Verfahren überhaupt für diagnostische Produkte wie Kontrastmittel anwendbar ist, ist strittig. Laut Gesetz unterliegen erstattungsfähige Arzneimittel mit neuen Wirkstoffen der Nutzenbewertungspflicht. Ob auch jene Mittel mit rein diagnostischer Zweckbestimmung hierunter fallen sollen, besagt der Gesetzestext nicht. Dies muss daher durch eine Auslegung des Gesetzes geklärt werden. Denn laut Gesetz kommt es bei der Zusatznutzenbewertung vor allem auf die therapeutische Bedeutung des Zusatznutzens an. Diagnostika wie Kontrastmittel können aber keinen unmittelbaren therapeutischen Zusatznutzen haben. Der Versuch, ein auf Therapeutika optimiertes Verfahren auf Diagnostika zu übertragen, wird der besonderen Rolle von Kontrastmitteln im medizinischen Kontext nicht gerecht. Auch radiologische Experten und Verbände brachten dieses Problem bei der öffentlichen Anhörung zum Ausdruck.1

Vorteil für Umwelt und Patienten
Sowohl Patienten als auch die Umwelt profitieren vom neuen Kontrastmittel, denn seine höhere Wirksamkeit ermöglicht eine erhebliche Reduzierung der Gadolinium-Dosis. Weniger ist in diesem Fall mehr: Mit dem stabilen Wirkstoff Gadopiclenol wird die Gadolinium-Exposition für den Patienten bei der Kontrastmittelgabe reduziert. Die Reduzierung der Gadolinium-Dosis bringt außerdem Vorteile für die Umwelt mit sich, da der Eintrag von Gadolinium in die Umwelt reduziert wird und damit der steigenden Gadoliniumkonzentration in den Gewässern entgegengewirkt wird. „Alle diese positiven Faktoren wurden aktuell im Rahmen der Nutzenbewertung nicht berücksichtigt. Deshalb fordern wir eine Änderung der Bewertungskriterien für rein diagnostische Arzneimittel“, appelliert Chakib Lemzouri abschließend.

Bracco Imaging Deutschland GmbH
Chakib Lemzouri
Max-Stromeyer-Straße 116
78467 Konstanz
Tel.: 07531 3631-130
E-Mail: chakib.lemzouri@bracco.com.